Ein paar Meter neben dir – direkt hinter dieser Wand wohnt – dein*e Nachbar*in. Eine flüchtige Begegnung im Hausflur – ab und an sogar ein „Hallo.“ Der Balkon – bunt und wild dekoriert – aus meinem Fenster habe ich einen guten Blick darauf. Der Geruch, der aus der Wohnung strömt, hat sich bei mir schon eingeprägt. Und ständig dieses Gepolter bis tief in die Nacht…
Die Figur des Nachbar*in ist mysteriös und faszinierend. Doch wer genau ist diese Person von nebenan? Wie lebt sie? Was macht sie? Was hat sie erlebt? Wie ist sie eingerichtet?
Unsere Arbeit versucht diese Fragen mithilfe von Beobachtungen und Recherche zu klären. Bilder, Materialien, Objekte, Geräusche und Gerüchen werden gesammelt und dokumentiert. Durch das Verknüpfen von Informationen entstehen neue Verbindungen, die den*die Nachbar*in als Person charakterisiert und ein mögliches Wohnszenario für ihn*sie erzeugt. Ergebnis ist eine Rauminstallation, die unseren persönlichen Bezug zur Rolle des Nachbarn*in untersucht und unsere Neugierde weckt – oder stillt.
Am Ende des Projekts stellen wir uns die Frage, ob unsere Neugier gestillt wurde und ob wir unseren Nachbarn/ unsere Nachbarin wirklich kennengelernt haben. Letztlich geben uns die Recherchen jedoch nur eine Idee von der Person, die in unserer Installation leben könnte. Innerhalb der Gruppe sind wir uns bis heute nicht einig geworden, ob es sich um eine männliche oder weibliche Person handelt, welches Alter die Person hat oder welche Schicksalsschläge sie erleben musste. Fest steht, dass die Besucher*innen sich ihr eigenes Bild von unserer fiktiven Person machen können und dass so gut wie
jede*r einzelne Merkmale und Details wiedererkennen kann. Einige Fakten lassen sich nicht sinnvoll erklären und miteinander in Zusammenhang bringen, weshalb sich unser*e Nachbar*in ein gewisses Mysterium bewahrt.
Trotz all der dargelegten Informationen bleibt die Person ein flüchtiger Gedanke. Wichtig war es uns, eine Atmosphäre zu schaffen, die das Eindringen in die Privatsphäre einer uns fremden Person widerspiegelt. Besonders inspiriert hat uns dabei unsere Recherche in der verlassenen Wohnung, bei der wir uns wie Eindringlinge in einem privaten Raum gefühlt haben. Dieses Gefühl soll unsere Installation vermitteln. Die Besucher*innen werden zu Voyeur*innen und betreten einen Raum, der für sie sonst nicht zugänglich wäre. Dies erfordert jedoch eigene Initiative und Neugier, hinter die Fassade zu blicken.
Projekt und Text : Dilara Buran, Lynn Lipka, Jürgen Dechert, Pia Gräwe / Seminar : Raumbilder- Wohnen in der Möglichkeit / Dozentin : Nora Fuchs / Fotografien : Jürgen Dechert, Varun Krishnan / Video: Jürgen Dechert
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