Gedankenfalle

Was sagen Objekte aus, die wir ständig nutzen aber kaum beachten?
Billy Regal, Aldi Tüte, stylische Leichtmetalltrinkflasche, allesamt sind kaum beachtete Repräsentanten für unsere Gesellschaftsform. Studierende des Objekt- und Raumdesign setzten sich mit der kulturellen Bedeutung der Gegenstände auseinander und arrangierten sie neu zu Andachtsbildern. Aus den Devotionalien der Moderne entstehen Gedankenfallen.

KONKUPISZENZ – RABEA ARNDT

Inspiriert von Lack und Leder und der Bedeutung, die damit verbunden ist und ausgelebt wird, befasse ich mich in meiner Arbeit mit dem Thema des Fetischs. Meine Gedankenfalle steht als Sinnbild für die „Lack und Leder“ Szene und der wohlig düsteren Atmosphäre, die deren Mitglieder so fasziniert.

Vom Aufbau her ist die Gedankenfalle angelehnt an einen klassischen gotischen Flügelaltar. Diese beiden Welten möchte ich vereinen. Die eine Seite, welche sich streng gegen offene und noch strenger gegen
unkonventionelle Sexualität ausspricht und die andere Seite welche sich für offenes Ausleben und Ausprobieren einsetzt und jegliche Facetten der Sexualität frei genießen möchte. Viele Arten von Fetisch treffen oft auf Unverständnis und Ablehnung. Mein Altar soll dazu dienen einen kleinen Einblick in diese Welt zu geben. Hierzu zeige ich eine Auswahl an verschiedenen Werkzeugen und Spielzeugen die in manchen Kreisen zur Auslebung der jeweiligen Sexualität angewandt werden.

WAS IST DIR DEIN TAG WERT? – DARLEEN ARENS

Preise sind überall, sie bezeichnen den Markt- oder Materialpreis eines Gegenstandes. Doch was sind uns die Gegenstände, die wir täglich benutzen wirklich wert? Wie verändern sich die Preise, wenn sie nach der Wichtigkeit der Gegenstände ausgewählt werden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich mein Projekt.

Für die Auseinandersetzung mit der Wertigkeit untersuche ich, welche Objekte täglich von den meisten Menschen genutzt werden und bepreise diese entsprechend ihrer Bedeutung in unserem Alltag. Um die Gegenstände auszuwählen, befragte ich 7 Personen aus meinem Umfeld welche Gegenstände sie an einem Tag benutzen und bildete die
Schnittmenge dieser Gegenstände. Anschließend habe ich Betrachter*innen dazu eingeladen die daraus entstandene Vorsortierung nach ihrem Empfinden zu diskutieren und zu verändern.

GENDERGAGA – MARIE SCHÖNENBORN / MARIELE KEY

„Heute schon über Ihr Geschlecht nachgedacht?“ Wir kommen auf die Welt mit einem vermeintlich eindeutigen Geschlecht. Unser Alltag, unser Umfeld und unser Leben ist begleitet von den stereotypischen Geschlechterrollen. Sind diese Ansichten, Vorgaben oder Wertevorstellungen noch zeitgemäß oder schon längst überholt und überflüssig? Wir haben versucht einen Altar zu schaffen, welchen Menschen zum einen als Ort des Abschieds der stereotypischen Geschlechterrollen wahrnehmen und zum anderen als Ort verstehen an welchem sie sich die Thematik vor Augen führen und sich selbst mit dieser konfrontieren.

Ein großes Triptychon aus Stahl zeigt beispielhafte Gegenstände, welche stereotypische Geschlechterrollen spiegeln. Parallel zu der Betrachtung der Objektsammlung verstärkt eine passende Audio den Aufenthalt vor unserem Altar der Geschlechter. Für unsere Arbeit haben wir Interviews mit Passant*innen geführt und diese zu einer weiteren Audio zusammen geschnitten, welche im Anschluss zuhören ist und die Betrachter*innen einlädt sich mit den stereotypischen Geschlechtern und ihrer persönlichen Haltung der Thematik gegenüber auseinanderzusetzen.

MEHLALTAR – SIMON HARDTUNG

Die immer verfügbare Mehlpackung im Supermarkt ist für Viele
zur Gewohnheit geworden. Jedoch wecken aktuelle Ereignisse, wie
der Corona-Virus und der Ukraine-Krieg, alte Überlebensinstinkte,
welches zu Hamsterkäufen und Unsicherheit führt. Wie verhält man
sich, wenn das tägliche Brot plötzlich gefährdet ist? Die Stabilität
unserer Zivilisation ist nicht selbstverständlich. An die Bedeutung
des Mehls muss erinnert werden.

Der Altar bietet eine Möglichkeit in physikalischen Kontakt mit der Substanz des Mehls zu kommen. Versucht man mit dem Finger das Mehl beiseitezuschieben, entdeckt man verschiedene Wörter und kleine Grafiken, die zeigen, was das Mehl für uns bedeutet. Das Auftauchen dieser Substanz innerhalb eines neuen Kontexts ermöglicht neue Gefühle oder Sichtweisen. Wann hat man zuletzt eine Mehlpackung kopfüber gesehen? Das Spiel mit den drehbaren Ringen kann ergänzt werden, indem man in die Mehlpackung ein kleines Loch schneidet. So fällt bei jeder Drehung ein kleines bisschen Mehl in die Auffangschale und könnte als kleine Opfergabe dienen. Ist die Mehlpackung leer, wird eine Neue in die Ringe eingespannt. Nach einer Weile wird dem/der Benutzer*in des Altars außerdem auffallen, dass das Mehl sehr kontaktfreudig ist und sich sehr schnell überall auf der Kleidung und in der Umgebung befindet. Es breitet sich gerne aus und kommt dem menschlichen Willen nach Entfaltung gleich.

WAS IST WEIBLICHKEIT? – NATASCHA KOVACS

Ist es ein gesellschaftliches Produkt, eine Kreation der Gesellschaft ? Ein
biologisches Geschlecht? Ein Gefühl? Sind es nur Attribute die einem Wesen zugeordnet werden? Ist es das äußere Erscheinungsbild? Sind es Charaktereigenschaften? Körperteile? Oder von allem etwas? Oder nichts davon? Was ist Weiblichkeit heutzutage?

Auf meinem „Altar der Weiblichkeit“ tauchen viele Objekte und Begriffe auf, die lange (in den verschiedensten zeitlichen Epochen) mit der Frau, sowie mit der Weiblichkeit, identifiziert und gleichgesetzt worden sind und es zum Teil immer noch werden. Ich habe eine Umfrage durchgeführt. Die Befragung fand auf offener Straße statt. Befragt wurden Personen diverser Geschlechter, im Alter von 16-86 Jahren. Die Antworten der Befragten sind auf den Handgeschriebenen Zettelchen, verteilt auf dem Altar zu sehen. Die auf dem Altar platzierten Objekte symbolisieren die Begriffe, beziehungsweise Ergebnisse dieser Umfrage.

WAFFENWINDSPIEL – ANNA OEHLERS

Mein Altar soll an all die Opfer erinnern, welche jede Waffe und Gewalttat mit sich bringt. In durchsichtige Waffen eingelassene Blumen erinnern an die Menschen, welche zu früh aus ihren Leben gerissen wurden. Der Andrang an Waffenkäufen nimmt stetig zu, jedoch vergessen die Menschen was für einen Schaden solche Güter mit sich bringen. Wie viele rote Blumen sollen noch an den Händen der Täter kleben? Mit wie vielen Blumen sollen, sie sich noch schmücken? Der Mensch hat etwas Künstliches
erschaffen, um das Natürliche zu vernichten.

In meiner Arbeit habe ich Waffen und Munition, wie verschiedene
Messer, Pistolen, Handgranaten und Patronen aus durchsichtiger Seife gegossen. In ihnen befinden sich zahlreiche individuelle rote Kunstblumen.
Durch das Hängen der einzelnen Elemente auf unterschiedlichen Höhen und Breiten, nimmt die Konstruktion einen Charakter an, der dem eines Windspiels gleicht. In meinem Altar arbeite ich mit vielen Kontrasten, wie der Leichtigkeit des Windspiels und der massiven und brutalen Art der Waffen. Dem unschuldigen, unscheinbarem Weiß und dem leuchtenden, auffälligem Rot. Der Schönheit, dem Leben, der Natürlichkeit der Blumen und dem Tod. Mein Altar soll nicht nur als Gedenkstätte dienen, viel mehr soll es Aufmerksamkeit erregen und all den Opfern eine Stimme geben. Die Menschen sollen sehen, was all diese Güter mit sich bringen können und was noch heute in unserer „modernen Welt“ tagtäglich Grausames passiert.

Seminar: Gedankenfalle / Bachelor Objekt- und Raumdesign / Prof. Nora Fuchs / Text: Autor*in der Arbeit / Foto: Autor*in der Arbeit